Manchmal, aber nur manchmal bedauere ich ein wenig, dass ich damals den Klavierunterricht abgebrochen habe. So ist mir einer der erotischsten Akte weit und breit entgangen: Das vierhändige Klavierspiel.

Nicht dass intensives gemeinsames Musizieren nicht sowieso schon sehr intim und erotisch wäre, wie etwa Leonard Hofstadter und Leslie Winkle ein wenig überspitzt demonstriert haben. Aber das vierhändige Klavierspiel hat dazu noch gleichermaßen eine körperliche Nähe und diese David-Hamilton-Weichzeichner-Unschuldigkeit. Dieses Gutsherrentochter-auf-Sommerfrische-Prickeln, die größtmögliche glaubhafte Abstreitbarkeit des verbotenen oder gerade erst zaghaft-verschämt aufkeimenden, aber sich doch schon offensichtlich aufdrängenden erotischen Aktes. Diese Cousine der Spannung vor einem unvermeidlichen ersten Kuss. Ein Elefant im Raum.

Und das alles habe ich aufgegeben, weil ich keine Noten lernen wollte und mich der Klavierlehrer dazu zwingen wollte. Noten sind ja in meinen Augen eine Geißel der musikalischen Entfaltung. Vielleicht hätte mich ein paar Jahre später eine gut gekleidete, großbusige Klavierlehrerin mit Dutt im Haar und Verständnis für meine Abneigung gegen die allzu intime Kenntnis von Musiknotation umstimmen können. Mit sechs war ich jedenfalls offenbar zu jung, das erotische Potenzial eines gekonnten Klavierspiels zu erkennen.

Oder ich fantasiere mir da was zurecht und das erotische Potenzial des Klavierspiels ist auch nicht größer, als das von Blechblasinstrumenten; also letztlich nicht vorhanden. Oder tue ich denen jetzt, ahnungslos-herablassend wie ich manchmal bin, auch schon wieder Unrecht? Ein kraftvoller Satz Hörner kann mich im richtigen Kontext ja gefühlsmäßig zutiefst ergreifen, aber selbst das kommt mir nicht sonderlich erotisch vor. Mit fehlt einfach die Fantasie, mir vorzustellen, dass man nach intensiven Posaunenspiel total aufgeladen übereinander herfällt oder sich dabei in eine erotische Resonanz hineinsteigert. Mit Klavier oder Cello hingegen allemal.

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