Was für ein sperriger Name, Lexus RX 450h F-Sport, ungefähr so sperrig wie das so benannte Auto selber: 4,77m lang, 1,69m hoch, 1,89m breit und leichtfüßige 2,3t schwer. Es handelt sich hierbei, dafür steht das RX, um das große #SUV von #Lexus mit Hybridantrieb, dafür steht das h hinter der Zahl. Zum F-Sport kommen wir später. Plötzlich sitze ich also, statt wie sonst auf dem Beifahrersitz, am Steuer dieses riesigen Fahrzeugs. Erste lustige Überraschung: Wenn man den Gurt schließt, zurrt einen der Sitz in die angestammte Position. Wenn man den Gurt öffnet, fährt der Sitz zum bequemen Ausstieg zurück. Das hat etwas von Achterbahn, sehr gefällig und es wird mein Lieblingsfeature werden.

Im Innenraum herrscht eine verstörende Mischung aus Toyota-Plaste-Langeweile und erfreulicher Hochwertigkeit. Und wieder diese 80er-Style LCD-Digitaluhr mit 12h-Anzeige in der Mittelkonsole. Ich frage mich ja immer, was die Toyota-Designer bloß mit dieser Digitaluhr haben. Wie auch immer, die Innenraumgestaltung ist nicht meine, aber es sitzt sich kommod in weichem Leder und beim Druck auf den Startknopf erwacht das Armaturenbrett, das statt eines Drehzahlmessers ein riesiges Powermeter anzeigt. Sonst passiert nichts, der 3,5l-V6 mit 250PS startet erst, wenn er gebraucht wird, bis dahin versorgen einen die kräftigen Elektromotoren. Alle Motoren zusammen bringen es auf 299PS, die für ein ordentliches Vorankommen dieses Ungetüms sorgen. Wie schon beim Toyota Prius verbindet hier ein komplexes Getriebe die Motoren mit dem Antrieb, was zusammen mit der Getriebeautomatik ein krasses Motorboot-Gefühl beim Fahren verursacht: Gibt man kräftig Gas, dreht der V6 hoch und bleibt dann auf diesem Drehzahlnievau stehen, während das Getriebe seine Leistung zusammen mit der des Elektromotors auf den Antriebsstrang schickt und sich dabei wie ein stufenloses Getriebe auswirkt. Vielleicht ist die Sache hier wegen des Allranantriebs mit zwei Elektromotoren sogar noch komplizierter, aber wie auch immer das läuft, es fühlt sich wie Motorboot an: es gibt keine fühlbare Verbindung zwischen Gasfuß und Geräuschentwicklung. Dazu passt auch prima der Gangwahlhebel, der die Mittelkonsole auf halber Höhe ziemlich dominiert. Sehr gewöhnungsbedürftig, aber auch ziemlich lustig und weil es so smooth ist auch passend zu einem so großen SUV. Mit den Creeps draußen will man ja nichts zu tun haben, wenn man so ein Fahrzeug fährt.

Ich hätte jetzt erwartet, dass diese starke Entkopplung von der Außenwelt sich auch im Fahrwerk fortsetzt, denn Masse und Federwege sind ja massig vorhanden. Aber hier kommt der Namenszusatz F-Sport ins Spiel: Sportfahrwerk und diverse sportliche Veränderungen sorgen für ein eine deutlich spürbare Straße. Ziemlich schizophren finde ich, aber ich bin wohl auch nicht die Zielgruppe für sowas. Ob mit oder ohne Sportfahrwek, der Wagen ist überraschend handlich. Seine Größe ist nicht zu verleugnen, klar, aber davon abgesehen bekommt man ihn erfreulich gut rangiert, wozu auch die zwingend nötige Rückfahrkamera beiträgt. Diese Rückfahrmakeras sind ein Segen in modernen Autos, denn nach hinten sind fast alle unerfreulich unübersichtlich. In diesem Lexus würde man auch schnell mal gestandene Erwachsene überfahren, wenn man die Kamera nicht hätte.

Das Infotainment samt Navi ist so enttäuschend wie in fast allen Autos, sieht altbacken aus und hinkt der Zeit um gefühlte Dekaden hinterher, zumindest gemessen an aktuellen Smartphones und Tablets. Ich frage mich ja immer wieder, wieso Leute das einfach hinnehmen, die über 70.000€ für so ein Fahrzeug auf den Tisch legen. Apropos Preis, ich frage mich sowieso, wieso jemand über 70.000€ für so ein Fahrzeug auf den Tisch legt. Also abgesehen vom damit erkauften Status vor den Nachbarn. Mir fehlt einfach der offensichtliche Mehrwert gegenüber anderen Autos.1 Die Materialien und die Verarbeitung bekommt Kia zum Beispiel für die Hälfte des Preises mindestens genau so hochwertig hin. Und an der Stelle muss ich dann doch noch mal über die Toyota-Plaste-Mittelkonsole sprechen. Was hat die in einem so hochwertig positioniertem Fahrzeug zu suchen? In der Klasse erwarte ich klar mehr als das. Um fair zu sein: Das Nicht-F-Sport-Modell fährt bequemer und kostet über 10.000€ weniger, was dann für ein so kräftiges Hybrid-SUV gar nicht mal so viel ist. Aber es ist absolut gesehen viel und dazu passt diese Mittelkonsole einfach nicht. Überhaupt fehlt mir bei näherer Betrachtung einfach der Mehrwert gegenüber Autos, die die Hälfte kosten, sich gut fahren, ordentlich verarbeitet sind und bequem. Wo sind die Highlights, Lexus? Warum soll sich jemand ausgerechnet dieses Fahrzeug kaufen? Und nicht, um im gleichen Hause zu bleiben, einen RAV4 oder einen Land-Cruiser? Wenn ich mir die anschaue, frage ich mich schon, was der Lexus besser kann. Außer einem komplizierten Namen. Und dem Hybridantrieb, den Toyota ausgerechnet seinen eigenen Großradfahrzeugen rästelhafterweise vorenthält.

Womit wir beim Thema #Hybrid sind: In der Praxis bleibt man damit mehr oder weniger deutlich im einstelligen Bereich (l auf 100km). Das ist beeindruckend, aber wenn man mal den Bleistift zückt und vergleicht, kann ein moderner Diesel das auch und der kostet deutlich weniger. Bleibt das elektrische und lautlose langsamfahren. Ein lustiges Gimmick. Letztlich bleibt es eine Frage der Sichtweise, ob man so einen Hybrid braucht. In meinen Augen macht das isoliert betrachtet bei so einem großen Auto, wo es offensichtlich gerade nicht auf Sparsamkeit ankommt, nicht wirklich Sinn. Aber es kommt eben in erster Linie auf den Kontext an. Wenn man eine Garage mit Wallbox hat und eine größere Zahl seiner Fahrten überwiegend elektrisch zurücklegt, ist so ein Hybrid eine feine Sache, auch und gerade bei 2,3t Schwungmasse2. Oder wenn man den Nachbarn und sich selbst zeigen möchte, dass man ökologisch drauf ist, irgendwie.

Die F-Sport-Ausführung halte ich aber für eine reichlich unpassende Verschlimmbesserung des Gesamtpakets, aber ich kann ja auch die Existenz eines BMW X6 – nicht nur aus ästhetischen Gesichtspunkten – nur schwer ertragen. Ich finde die ganzen gehobenen SUVs in der Regel ohnehin überflüssig, also fragt jemand anderen, wenn Ihr Verständnis in der Richtung hören wollt. Wenn ich hier im Viertel die ganzen Helikoptereltern sehe, die ihren Nachwuchs mit ihren Muttipanzern zur Schule bringen und abholen, geht mir das Messer in der Tasche auf. Audi Q7, Volvo XC90, Range Rover und RX 450h gehören hier zum alltäglichen Straßenbild, natürlich immer blitzesauber, so ein teures Fahrzeug macht man doch nicht schmutzig! "Sorry, ich kann nichts dafür, dass ich die ganze Straße blockiere, der Range ist halt so breit und meine Fahrkünste reichen eigentlich auch nur für einen Kleinwagen." DESWEGEN GEHÖRT DER HIER JA AUCH NICHT HIN! Arrg.


  1. Mir ist natürlich klar, dass BMW X5, Mercedes M-Klasse und Konsorten mindestens so viel kosten, aber ich betrachte das Fahrzeug einfach mal unabhängig davon aus Sicht eines Kia-Fahrers. ↩︎

  2. Bei so einem Gewicht kommt der Rekuperation, also der teilweisen Rückgewinnung statt Vernichtung der zur Beschleunigung eingesetzten Energie beim Verzögern, eine besonders wichtige Bedeutung zu. Das darf man nicht unterschätzen. ↩︎

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