Weil die Telekom ("Vectoring ist Glasfaser") und Unitymedia ("Koax-Glasfaser-Technologie") die Begrifflichkeiten verwässert haben, braucht die Telekom einen neuen Begriff für ihre diesmal-aber-wirklich-Glasfaseranschlüsse, die aber nur richtige Firmenkunden in Gewerbegebieten bekommen. Und die in Düsseldorf nur gelegt werden, weil Vodafone sonst dieses (kleine) Geschäft alleine macht. Jedenfalls heißt das jetzt Vollglas. Vectoring ist dann Halbvollglas oder was? Halbvollglas im Neuland. Klingt wie Vollgas auf der Datenautobahn. m)

Vodafone ist aber auch geil drauf. GigaSpeed heißen die Kabelanschlüsse mit 400MBit/s im Downstream. Das wäre ja schon lustig genug, aber sie plakatieren halb Düsseldorf großflächig voll mit ihren GigaNetz-Plakaten. Bald auch in Ihrem Gewerbegebiet. Sternchen. Und dann bekommen sie Presseapplaus, weil sie eine(!) Firma mit einem Gigabit-Glasfaseranschluss ans Internet angebunden haben. Im Jahr 2017. Vodafone. Die Arcor gekauft haben, die zuvor Isis gekauft haben, die ab Mitte der 1990er Jahre das "Glasfaser Citynetz" in Düsseldorf angefangen haben. Ich habe da damals mein Schülerpraktikum gemacht, weil ich ein Stück Zukunft erleben wollte und auch erlebt habe. Vor rund 20 Jahren. Aber lest mal, wie das heute läuft und was das kosten soll.

Immerhin gibt Vodafone Preise an, nicht mal dazu kann sich die Telekom mit ihrem Vollglas durchringen.

Eigentlich können einem die großen Anbieter leid tun. Seit Jahrzehnten schieben die einen Investitionsstau vor sich her, der inzwischen erdrückend geworden ist, aber nicht minder unausweichlich. Das kann man nicht mehr aus laufenden Einnahmen decken und Rücklagen sind auch keine gebildet worden. Gleichzeitig fällt immer mehr lokalen Anbietern auf, dass sie auf die Großen ja in keinster Weise angewiesen sind. Und so sprießen die lokalen Angebote in den Gemeinden, teilweise auch noch kommunal gut finanziert, wie Pilze aus dem Boden. Diese Gemeinden sind als Markt für die Großen verloren. Puff, einfach weg. Hier eine Mittelstadt, da eine Mittelstadt, dort gleich eine ganze Metropole. Dabei ist das auch noch ein Metier, bei dem man nicht mal eben die Kriegskasse öffnet und den Markt von hinten aufrollt. So ein Ausbau geht nicht im großen Stil überall zugleich und das Geschäft macht der erste am Platz. Wobei man vielleicht darauf hofft, dass das benachbarte Ausland mit dem Ausbau einfach bald fertig ist und dann Kapazitäten frei werden.

Wie auch immer das gedacht ist, ich habe ein wenig das Gefühl, dass der Telekom und Vodafone gerade erst das volle Ausmaß ihres Fuckups bewusst wird. Also dass die realistische Option besteht, dass der Technologiewechsel die Karten ganz neu mischt, weil man die Bargeldkuh zu lange hat melken wollen. Hier ist übrigens die BCG-Matrix eine hilfreiche Visualisierung und Verständnishilfe. Also wer da den Sinn und Zweck bislang nicht kapiert hat, zeichne die mal für das Access-Portfolio der beiden Großen und projiziert das in die Zukunft. Wer es vergessen hat: Achse 1 ist der relative Marktanteil, Achse 2 das Marktwachstum, die Kreisfläche der Sparten oder Produkte deren Umsatz. Dann hat man vier Quadranten: poor dogs, cash cows, stars und question marks, Ihr erinnert Euch sicher. Und dann, was einem im Bachelor meist noch verschwiegen wird, schaut man sich die zu erwartenden Veränderungen der Kreise darin genau an und kann daraus Handlungsempfehlungen ableiten. Von da aus kann man den Markt als Ganzes nämlich recht gut betrachten. Das muss man aber auch tun, nicht bloß das gleiche noch mal für den oder die Kernwettbewerber machen und daneben halten. Das macht einen sehr anfällig für Disruption, die von Außen immer erst mal wie eine willkommene Erneuerung aussieht. Auftritt Five-Forces. Aber das soll hier kein Management-Analysetools-Crashkurs werden.

Apropos Crashkurs: Das alles gesagt, würde ich diesen zaghaften, aber mit umso mehr Tamtam lancierten Gewerbegebietglasfaserausbau eher nicht zum Anlass nehmen, Aktien von Vodafone oder der Telekom zu kaufen. Jedenfalls nicht als langfristige Anlage. Aber was weiß ich schon von Aktien? Ich kann ja nicht mal mehr die neun Aktientypen aus dem BWL-Grundstudium benennen. Die vinkulierte Namensaktie ist mir wegen ihres lustigen Namens in Erinnerung geblieben, allerdings dachte ich bis gerade eben, dass die vindikulierte Namensaktie heißt. Das war übrigens gar nicht mal so uninteressant, es gab da Fächer, die weniger zum Weltverständnis beigetragen haben. Jahresabschluss zum Beispiel, da bin ich allerdings auch nicht mal mehr hingegangen, nachdem ich genug von den beiden einzigen noch gerade halbwegs interessanten Mädels (von 300 Leuten) gesehen hatte. Das ist wirklich sehr selten, dass mich etwas so langweilt, dass ich mich damit nichtmal beschäftige, wenn ich nun schon mal da bin. VWL war übrigens fürs Weltverständnis sehr hilfreich. Das sollte unbedingt in der Oberstufe gelehrt werden, bei mir war das nur eher zufällig und versprengt im Erdkunde-LK drin.

Allerdings vielleicht nicht gerade in Kooperation mit der Commerzbank, wie es gerade hier in Monheim am Gymnasium im Rahmen der Kooperation angekündigt wurde. Das empfinde ich als unschöne Steigerung der unkritischen Übernahme von Lehrmaterial der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft in Schulbüchern. Wem das Problem dabei nicht präsent ist, kann sich mal die Interessenlage der INSW klar machen. Selbst wenn die Commerzbank hier redlich ist und einfach nur ein paar taugliche Azubis abgreifen will, ist das einfach kein passender Partner für eine neutrale Lehre. Die ist in Wirtschaftsthemen ja schon schwer genug zu gewährleisten, wenn überhaupt. Da muss man aber in meinen Augen nicht von vornherein kapitulieren.

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