tl;dr: erst mal umfangreiche Infrastrukturinvestitionen tätigen, bevor man großmäuligen Aktionismus in den Raum stellt.

Also ja, gerne, meine Rede. Als Fernziel. Bis dahin muss es aber vor allem mehr Infrastruktur geben. Hier in Düsseldorf ist der ÖPNV schon ziemlich am Limit, da hat die Rheinbahn schon Recht. Vor allem das Thema Park&Ride oder allgemein die Frage, wie die Pendler zuverlässig und bequem an die S-Bahn kommen, steht ganz vorne auf der Liste der Hindernisse, die weg müssen. Dann muss es genug Fahrzeuge geben, damit es nicht passiert, dass im Berufsverkehr regelmäßig nur ein Halbzug kommt, weil was kaputt ist. Sowas lässt sich ja planen und kompensieren, wenn man nicht restlos jeden Wagen in Betrieb hält. Und Fahrpersonal steht auch nicht ad hoc in beliebiger Menge zur Verfügung.

Also ich halte es für wahnsinnig offensichtlich, dass es massive Investitionen in den ÖPNV geben muss und auch die Kosten für die Nutzer müssen runter. Damit kann man ja anfangen, bevor man ein plakatives "kostenlos" in den Raum stellt. Überhaupt, "kostenlos", bitte nicht. Da ist gar nichts kostenlos. Es geht doch darum, dass man als Fernziel herbeiführen möchte, dass die Leute einfach einsteigen und niemand mehr ein Ticket braucht und die Entscheidung für oder gegen die Nutzung nicht davon abhängt, ob man jetzt 5 Euro einwirft und nochmal 5 Euro, um wieder zurückzukommen. Der Begriff dafür ist fahrscheinlos. Kostenlos ist das ganz und gar nicht, das muss massiv umgelegt werden. Ein Tweet in meiner Timeline behauptete neulich, dass die Dieselsubventionen in Deutschland höher ausfallen, als die Einnahmen der Großstädte durch den Ticketverkauf. Oder so. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen, aber das wäre doch mal ein Ansatzpunkt für eine Lösung, die alle passabel finden können: Weg mit den Dieselsubventionen, das freiwerdende Geld fließt in den Ausbau des ÖPNV und die deutlich stärkere Subventionierung der Ticketpreise. Dafür werden die Fahrverbote ausgesetzt in der Hoffnung, dass die Maßnahmen den Verkehr in den belasteten Städten hinreichend reduzieren können. Ich müsste dann meinen 2013er Diesel nicht verschrotten, für den ich einen satten und bei meiner Fahrleistung nicht wieder reinholbaren Aufpreis bezahlt habe, weil er weniger CO2 ausstößt und allgemein deutlich sparsamer mit den Ressourcen umgeht. Das Thema Stickoxide wurde erst danach so hochgehängt. Jaja, ich habe aus ökologischen Erwägungen einen Diesel mit Partikelfilter gekauft und weil ich Effizienz schätze. Das aber nur am Rande, aber nun zurück zum Thema.

Wir brauchen eine City-Maut, darum werden jedenfalls die betroffenen Städte nicht herumkommen. Dazu gehört dann auch sowas wie der Nachweis von Parkraum für die Anmeldung eines Fahrzeugs und wenn öffentlicher Parkraum benötigt wird, wird je nach Viertel entsprechend zur Kasse gebeten (über eine Quartiersgarage zum Beispiel, auch so ein Thema). Es muss zum Luxus werden, ein Auto in hochverdichteten Wohngebieten zu halten, erst recht mehrere. Und die Pendler bezahlen die Maut oder steigen an gut erreichbaren P&R-Parkhäusern in massiv ausgebauten ÖPNV um. Das geht alles nicht heute, morgen auch nicht. Aber irgendwann muss man damit mal anfangen. Ich hatte schon häufiger auf Holland verwiesen, man schaue sich da mal beispielhaft Utrecht an. Da kann man schon mit dem Auto reinfahren, aber viel besser und billiger ist das P&R-Angebot: 5 Euro für den Tag in einem der gut erreichbaren Parkhäuser mit direkter ÖPNV-Anbindung an die City und der Trick ist, dass da schon eine ÖPNV-Tageskarte für 5 Personen enthalten ist. Man muss nur wollen. Amsterdam ist da krasser drauf, da dürfen selbst Anwohner nur mit Ausnahmegenehmigung mit dem Auto einfahren. So oder so: Wenn man Pendler und Shoppingkunden vom Auto wegbringen will, muss man gute Alternativen bieten. 5 Euro für eine Fahrt vom Speckgürtel in die City und nochmal 5 Euro zurück, wohlgemerkt für eine Person, kann es jedenfalls nicht sein. Und dass man bei den begrenzten P&R-Kapazitäten nicht sicher sein kann, einen Platz zu bekommen, ist auch nicht hilfreich.

Und natürlich die Barrierefreiheit. Don't get me started! Natürlich kann man ein Parkhaus derart an einen S-Bahn-Haltepunkt anbinden, dass man keine weiten Wege zurücklegen muss, vielleicht gar einen direkten Zugang zum Bahnsteig einplanen. Und natürliuch kann man Aufzüge (für Leute mit Kinderwagen, Gepäck oder körperlichen Beeinträchtigungen) so gestalten, dass sie nicht ständig kaputt sind. Und wenn sie kaputt sind, kann man sie in endlicher Zeit (= nicht in einem Horiziont von mehreren Wochen) reparieren. Wenn man will. Man könnte sogar so weit gehen und für Redundanzen sorgen, also einfach mal zwei Aufzüge vorhalten, wenn man nicht sicherstellen kann oder will, dass der eine Aufzug taggleich repariert wird. Und mir fallen keine plausiblen Ausreden ein, wieso es immer noch S-Bahn-Haltepunkte ganz ohne Aufzug gibt. Wenn ich in Langenfeld-Berghausen P&R machen möchte, muss ich vom Parkplatz ganz außen rum auf die Brücke laufen oder den Kinderwagen eine sehr lange und sehr steile Treppe mit schmaler Kinderwagenspur hochschieben (lieber nicht, glaubt mir). Oben angekommen darf ich sogleich den Kinderwagen eine weitere vielstufige Treppe wieder heruntertragen. Und Bonus: Wenn ich später wieder wegfahren will, stehe ich gerne mal fünf Minuten und länger an der Ausfahrt vom Parkplatz, weil da keine Amppel ist und der Querverkehr äußerst zahlreich. Das alles macht so viel Spaß wie eine kalte Dusche und weil man sich genau eine Station außerhalb des Düsseldorfer Tarifgebiets befindet, kosten die Tickets (für zwei Erwachsene) zur Strafe fast so viel wie der Sprit für eine halbe Tankfüllung. Damit käme ich locker bis Münster und zurück. Wer da dennoch mit der Bahn fährt, braucht schon einen ausgeprägten Enthusiasmus. Ach ja, der P&R-Platz in Hellerhof platzt aus allen Nähten, ist also nur bis etwa 08:30 Uhr eine Alternative.

Unter anderem deswegen wird das Thema fahrscheinloser ÖPNV sehr sicher zuerst in Speckgürtelgemeinden funktionieren. Monheim hat ein gut ausgebautes Busnetz, das außer zu Schulbeginnzeiten mäßig ausgelastet ist. Und Monheim hat viele Pendler, die man wunderbar auf die Schiene bringen kann, wenn man sie denn dorthin bekommt. Der Ticket-2000-Aufpreis für Preisstufe B statt A beträgt aber 30 Euro im Monat, da überlegt man sich gut, ob man nicht lieber die fantastische Autobahnanbindung nutzt. In solchen Gemeinden drängt es sich geradezu auf, Experimente in der Richtung zu machen. In meiner Siedlung bin ich bei einigen Nachbarn jedenfalls bass erstaunt, wenn ich sie mal ohne ihr Auto drumrum außerhalb ihres Grundstücks antreffe. Da geht noch was. Das Busnetz in Monheim ist jedenfalls recht überschaubar und die Abhängigkeiten bestehen in erster Linie in der zuverlässigen Anbindung an die drei einschlägigen S-Bahn-Haltepunkte. Monheim stockt gerade die 1,7 Millionen Buslikometer pro Jahr auf etwa 2,5 Millionen Buskilometer auf. Bei mir unbekannten, aber auf Basis von Beispielwerten angesetzten Kilometerkosten im Bereich von zwei bis vier Euro sind die Kosten insgesamt einigermaßen überschaubar und für die Gemeine durchaus zu stemmen. Wenn man will. Oder man legt das irgendwie direkt auf die gut 40.000 Bürger um, dann wären das für alle knapp 21€ pro Monat. Die GEZ ist kaum billiger. Und vor allem, und das ist das völlig Absurde an der Sache, diese 21 Euro liegen unter den 30 Euro, die der Aufpreis eines Ticket 2000 Preisstufe B gegenüber Preisstufe A kostet (ja, Kinder, ja, andere Ermäßigungsberechtigte, das ist ja sowieso alles grob überschlagen). Ich denke aber, dass man darüber einfach mal ganz laut nachdenken sollte. Und wenn die neue Bundesregierung lediglich eine Rechtsgrundlage schafft, auf der Gemeinden die ÖPNV-Kosten auf alle ihre Bürger umlegen können, dann wäre das ja schon mal ein Ergebnis, mit dem man etwas anfangen kann. Bei aller Kritik an großmäuligen und nicht durchdachten Vorstößen. Das Problem ist ja akut vorhanden und will gelöst werden. Nicht nur die Schadstoffbelastung in den Städten wird primär durch die Pendler über die Grenzwerte des Vertretbaren gejubelt, sondern auch wenn alle Elektroautos fahren würden, stünden die im Stau. Das ist für alle lästig und volkswirtschaftlich möchte man den dadurch entstehenden Schaden lieber nicht ausrechnen. Dabei käme nämlich vermutlich heraus, dass man sofort jedweden motorisierten Individualverkehr unterbinden muss. Wollen wir da hin? Wohl eher nicht. Aber wenn wir durchaus realistische 30% der jetzigen Autopendler in Bus und Bahn bekämen, dann wäre allen schon viel geholfen.

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