Jemand hatte für 24 Stunden den Twitter-Account cdu_news gekapert und dort eine politische Kehrtwende lanciert. Dem Hörensagen nach geschah das entweder durch ein in einem offenen WLAN gesnifftes Passwort oder durch schlichtes Raten, was bei Identität von Benutzername und Kennwort schnell gegangen sein mag. So oder so, die CDU hat sich das aus verschiedenen Gründen redlich verdient, in erster Linie aber zeigt es recht schön, wie es um die Medienkompetenz dieser Partei bestellt ist. Darauf wollte ich aber gar nicht hinaus, die Häme ist schon woanders ausgeschüttet worden.

An diesem Beispiel sieht man wieder, dass viel zu wenige Leute sich zumindest im Ansatz für die Sicherheit ihrer Online-Identität interessieren. Da werden trivialste und leicht zu erratende Passwörter genutzt und wahrscheinlich für alle Dienste das gleiche, weil man sich das ja auch merken muss. Und es wird ohne Hirneinsatz in offenen WLANs fröhlich alles ohne Verschlüsselung übertragen. Dass da jeder Anwesende mit ein wenig technischem Verständnis und einem Notebook oder PDA in Reichweite alles, mit der Betonung auf alles, mitlesen kann, hat man auch schon mal gehört irgendwann. Punkt. Ich habe keinerlei Mitleid mit Menschen, denen aus diesen beiden Gründen unschöne Dinge passieren, denn sie haben es verdient. Sie haben mutwillig alle Regeln der Umsicht missachtet und müssen die Konsequenzen tragen. Jemand, der aus Bequemlichkeit vor dem Überqueren einer großen Straße und mit MP3-Player auf den Ohren weder rechts noch links guckt, wird in der Regel früher oder später in Kontakt mit fahrenden Fahrzeugen kommen. Same here.

Also noch mal ein paar simple Regeln für den sicheren Umgang mit Passwörtern:

  1. Wenigstens halbwegs sichere Passwörter wählen. Admin und Admin sind kein gutes Paar, idiot@gmx.de und idiot auch nicht. idiot12345 ist schon besser, aber immer noch leicht zu erraten. Im Prinzip führt kein Weg an sowas wie 2i5j28dQ vorbei. Wer sich sein Passwort merken muss kann auch die ersten Buchstaben jedes Wortes in einem bescheuerten Merksatz nehmen. Nach ein paar Mal eintippen braucht man den Satz eh nicht mehr. Wie auch immer, ein Passwort darf nicht nach ein paar Tausend Versuchen erraten werden, also mit geeignetem Werkzeug nach ein paar Millisekunden bis Minuten. Der Name von Kindern und Haustieren oder der Hochzeitstag fallen also auch flach, ebenso wie Begriffe, die im Wörterbuch stehen.
  2. Nicht überall das gleiche Passwort nehmen. Klingt besonders lästig, aber eine Anekdote beschreibt das Problem ganz gut: Ich hatte mal meinen Benutzernamen vom FH-WLAN vergessen und habe diesen in der DVZ (unser Rechenzentrum) per E-Mail nachgefragt. Der freundliche Mitarbeiter nannte mir ohne weitere Überprüfung meiner Identität meinen Benutzernamen und das erste Zeichen meines Passworts (nach dem ich nicht gefragt hatte, denn das wusste ich noch). Fuck, dieses Passwort hatte ich zu dem Zeitpunkt bei etlichen Diensten genutzt und jeder Honk konnte offenbar durch geschicktes Nachfragen bei der DVZ dieses Passwort herausfinden, das dort im Klartext abgelegt war. Fuck, fuck, fuck! Merke: Man kann nie wissen, was mit den Passwörtern bei den Betreibern passiert, also führt tatsächlich kein Weg daran vorbei, für jeden Dienst ein gesondertes Passwort zu benutzen oder zumindest für die wichtigen Dienste.
  3. Kein Mensch kann sich alle Passwörter merken, wenn man für jeden Dienst ein eigenes definiert. Also führt kein Weg an einem Passwort-Manager vorbei. Ich benutze Keepass, das ein kostenloses (Open-Source) Programm ist, das auf etlichen Plattformen läuft: Neben Windows (auch vom USB Stick), Linux, Mac OSX auch auf den meisten besseren Handys und demnächst irgendwann auch mal auf dem iPhone, wenn Apple es mal im AppStore freischaltet. Aber Vorsicht: Das Master-Passwort muss besonders stark sein, denn wer eine schlecht geschützte Schlüsseldatei in die Finger bekommt, hat den Generalschlüssel.
  4. Fast einen Generalschlüssel hat auch jeder, der das Passwort zum E-Mail Postfach kennt oder sonstigen Zugriff darauf hat: Eigentlich jeder Webdienst bietet die Möglichkeit, sich ein neues Passwort per E-Mail zusenden zu lassen. Und schwupps ist alles geritzt. Immerhin bemerkt man hier den Angriff meistens im Nachhinein, wenn das alte Passwort nicht mehr funktioniert. Merksatz: E-Mail und Passwort-Manager sind die wichtigsten Passwörter von allen. Hüte sie wie Deinen Augapfel.
  5. Das E-Mail Postfach kommt aber gerne in falsche Hände, wenn man unverschlüsselt auf seine E-Mails zugreift. Also immer und ganz besonders in offenen WLANs Passwörter nur über verschlüsselte Verbindungen übertragen. Im E-Mail Programm muss man meist nur zwei Häkchen setzen (SSL oder TLS), je nach Provider muss man aber auch mehr Umstellen: Ein freundlicher Helfer oder die Online-Hilfe des Providers hilft auch Anfängern zuverlässig bei der Einrichtung. Auch der Webmailer sollte nur mit einem https:// vor der Adresse genutzt werden. Nochmal: In offenen WLANs, also allen öffentlichen und hoffentlich nicht dem eigenen, kann jeder in Reichweite des Netzes alle Daten mitlesen, wenn sie nicht verschlüsselt werden.
  6. Und zuletzt der simple Tipp: Nicht jedem das Passwort in die Hand drücken. Ein Passwort geht niemanden etwas an. Ganz besonders gilt das für die vielen Dienste, die eine direkte Twitter-Anbindung anbieten, für die Benutzername und Kennwort eingegeben werden müssen. Das ist scheiße, liebe Betreiber. Bitte erzieht die Nutzer nicht zu solch sorglosem Umgang mit ihren Zugangsdaten.

Ja, Passwörter sind ein unbequemes Thema. Aber spätestens, wenn es um handfesten Identitätsdiebstahl oder finanziellen Schaden geht (PayPal, eBay etc. schicken einem gerne ein neues Passwort per E-Mail zu), sollte etwas Umsicht walten.

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