In der Grundschule, es wird die erste Klasse gewesen sein, gab es mal interessante Mathe-Hausaufgaben: Klebt Papierstreifen bestimmter Längen zusammen. Die Längen sollten wir uns dabei selber aussuchen, das Bett, ein Auto, die Küchenzeile, was uns halt so begegnet, was sich messen lässt. Eine feine Aufgabe und weil ich offenbar das Streber-Gen habe, wollte ich es besonders gut machen. Das Auto meiner Eltern war ein brauner Alfa-Romeo Guilietta, der genau so alt war wie ich. Laut Handbuch war der 4210 mm lang. Rückblickend frage ich mich, ob ich selber darauf gekommen bin, im Handbuch nachzusehen, Handbücher mit technischen Daten mochte ich schon seit ich denken kann. Oder ob da einer meiner Brüder einen guten Tipp für mich hatte. Egal, jedenfalls bastelte ich mit Akribie, das kann ich auch schon immer gut, einen Papierstreifen dieser Länge, den ich aufrollte und stolz mit zur #Schule nahm. Vielleicht habe ich auch, weil ja offensichtlich nicht alle Autos gleich lang sind, einen genau 4m langen Streifen gebastelt, so genau weiß ich das nicht mehr. Vielleicht habe ich auch erst hinterher ins Handbuch geschaut. Ist im Grunde auch egal, ich wusste jedenfalls sehr genau, wie lang Autos sind.
Ich präsentierte jedenfalls stolz meinen Streifen, akkurat vermessen, Länge gut gewählt weil unpraktisch lang und länger als die Faulpelz-Streifen meiner Mitschüler/innen. Doch dann? Kein Lob? Stattdessen eine ungläubige Nachfrage, ob das denn hinkomme, 4m wären ganz schön viel, auch für ein Auto. Ob meine Eltern denn einen Transporter oder sowas hätten. Verunsicherung, viel davon, Stammelei, wir erinnern uns, erste Klasse. Jaja, dann hätten meine Eltern wohl einen besonders großen Wagen. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie mir trotzdem nicht geglaubt hat.
Doch wo ist die Lehre? Meine unsouveräne Stammelei hätte ich mir total sparen können. Ich wusste genau, wie lang Autos sind, kannte die Längen verschiedener Autos aus Autoquartetten auf den Millimeter. Trotzdem hat mich diese blöde und total uninformierte kritische Nachfrage einer Respektsperson so sehr verunsichert, dass ich nicht mehr klar denken konnte. Darüber ärgere ich mich in der Tat noch heute immer mal wieder, denn es ist typisch für mich. Dieser Verlust meiner mir so wichtigen Souveränität ausgerechnet in Situationen, in denen ich eigentlich fest im Sattel sitzen sollte, passiert mir immer mal wieder. Ein souveräner Erstklässler hätte geantwortet: Selbstverständlich sind Autos 4m lang, viele kürzer, viele aber auch länger, 4m sind also ein guter Schätzwert für so ein Auto an sich!
Und dazu gedacht: Sie haben ja gar keine Ahnung!)
Oder aber: Das Auto meiner Eltern ist ein Alfa Romeo Giulietta, der ist sogar 4210 mm lang, was übrigens im Handbuch steht, denn mit meinen Mitteln wäre das schwer präzise zu messen gewesen.
Stattdessen nehme ich ihren gesichtswahrenden Ausweg an, meine Eltern würden einen Transporter fahren. Das ist aber a) glatt gelogen und b) unglaublich erniedrigend für mich. Meine Lehre daraus: Sowas sollte man bleiben lassen und immer, auch und gerade bei Respektspersonen, die Möglichkeit im Sinn behalten, dass kritische Nachfragen schlicht unberechtigt und für den Fragenden eher dumm und/oder peinlich sind. Machen Sie sich nicht lächerlich!
wäre die eigentlich angemessene Antwort auf solche blöden Anzweifelungen, aber das wäre eine Spur zu aggressiv.
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