Ich wäre längst verheiratet, wenn das mit der Feier nicht so ein Dilemma wäre: Man kann es einfach nicht allen recht machen. Aber fangen wir mal an, wieso man überhaupt heiraten will:

  1. Aus Liebe. Das ist romantisch, aber heutzutage irgendwie auch ziemlich überflüssig, denn an der Liebe wird sich durch so eine Trauung eher nichts verändern, jedenfalls nicht zum Positiven.
  2. Um der Beziehung einen legalen Rahmen zu geben. Sei es, weil man nicht unverheiratet Kinder in Welt setzen will, weil man als Mann dann im Zweifel ziemlich gebumstrechtelos ist. Sei es, weil man endlich von meiner Frau bzw. meinem Mann sprechen möchte, ohne Irritationen hervorzurufen. Es gibt etliche solcher kleinen Gründe und zusammengenommen sind sie für mich der Hauptgrund für eine Heirat.
  3. Wegen der Party. Ernsthaft: Auf eine schöne #Hochzeit freuen sich viele ihr ganzes Leben lang, ich zumindest. Punkt.
  4. Aus Steuergründen. Da ich das Thema Steuern so weit von mir weg wie nur möglich schiebe, denke ich daran immer erst zuletzt. Außerdem gibt es echt nichts unromantischeres als wegen Steuern zu heiraten. Das schenkt denen nur Aufmerksamkeit, die sie nicht verdienen, die Steuern. Ein realistischer Blick aufs Konto oder ein Gespräch mit dem Steuerberater macht diesen Grund allerdings zum praktisch wichtigsten von allen. Eigentlich Grund genug, schon aus Trotz gar nicht zu heiraten.

Wenn ich all diese Gründe aufsummiere, will ich eigentlich lieber heute als irgendwannmal™ heiraten. Der einzige Grund, der mich bisher davon abgehalten hat, ist die Schwierigkeit, das angemessene Ausmaß der Feier zu finden. Im Grunde kann man da nur verlieren, wenn man nicht der erste ist, der aus dem näheren Umfeld heiratet. Man hat etwa fünf grundsätzliche Optionen:

  1. Man lädt alle ein, die man irgendwie kennt. Da kommt schnell eine nicht ganz kleine dreistellige Zahl an Leuten zusammen, was so eine Hochzeit in organisatorische und vor allem finanzielle Dimensionen katapultiert, dass es einem den Magen umdreht. Vorteil ist ganz klar, dass niemand beleidigt ist, nicht eingeladen worden zu sein. Die Türken machen das angeblich so, aber bei denen ist jeder Gast traditionell ein Plusgeschäft, weil ein Hochzeitsgeschenk als Starthilfe fürs Leben gesehen wird und entsprechend ein ordentlicher Geldbetrag zusammen kommt.
  2. Man streicht so lange Leute heraus, mit denen man eigentlich gar nicht so viel zu tun hat, bis man bei ca. 70 Leuten ist. Damit wird man schon einer unangenehm großen Zahl an Leuten vor den Kopf stoßen, es ist trotzdem noch ziemlich teuer, aber wenigstens organisatorisch realistisch zu stemmen. Als Kompromiss die von den meisten Leuten in meinem Umfeld gewählte Variante.
  3. Man baut eine rigide Positivliste: (Nähere) Familie rein, nur enge Freunde rein, alle anderen raus. Da wird man auf unter 40 Leute kommen und kann vor allem zeigen nicht eingeladene Leute hier mehr Verständnis, weil die Abgrenzung klarer ist. Trotzdem sind es gerade die nur knapp herausgefallenen, die einem das dann besonders übel nehmen, vor allem, wenn man zuvor schon auf deren Hochzeit getanzt hat. Das Problem verschlimmert sich also mit jeder Hochzeit, auf die man eingeladen war, also bei Bildungsbürgern ab Ende 20 rapide. Ein echt guter Grund, lieber früher als später zu heiraten.
  4. Man macht gar keine Party, sondern lädt nur die nähere Familie und allerbeste Freunde ins Standesamt und danach in irgendein nahe gelegenes Restaurant ein. Das wird zwar lange Gesichter bei allen auslösen, auf deren Hochzeit man schon eingeladen war (Aha, Kleinsparer!), aber es ist eine günstige und saubere Lösung. Nachteil: Keine Party. Wenn man sich sein Leben auf die eigene Frau im Brautkleid gefreut hat, ist das ein bitterer Abstrich. Das Vorhaben, die Party irgendwann nachzuholen, zieht man als Atheist mangels Gelegenheit frühestens mit Anfang 50 durch, wenn einem das wieder einfällt, weil die Kinder aus dem Haus sind.
  5. Man heiratet heimlich. Das Äquivalent zur anonymen Bestattung als Asche unterm Baum oder auf hoher See. Irgendwie unbefriedigend und auch etwas feige aus der Affäre gezogen. Trotzdem denke ich ernsthaft darüber nach, denn wenn es eh schon keine Party gibt, kann man auch gleich heimlich heiraten. Billig, schnell und man stößt allen vor den Kopf, so dass sich exakt niemand zurückgesetzt fühlen kann. Andererseits will man das freudige Erlebnis ja schon mit irgendwem teilen können.
  6. Man kann auch Sonderformen wählen: Viele Gäste und alle bringen was zu Essen oder zu Trinken mit und der Raum ist günstig. Das ist ein Modell, das wenigstens das finanzielle Problem löst, allerdings den bisher noch gar nicht angesprochenen Stressfaktor noch etwas erhöht und zudem schnell mal einen muffigen Kalter-Hund-Charme versprüht.

Was also tun? Die Erwartungshaltungen sind kaum unter einen Hut zu bringen, ich kann also jeden verstehen, der davor kapituliert und einfach gar nicht heiratet. Ein attraktiver Ausweg. Andererseits bleibt das dauerhaft schale Gefühl der halben Sachen. Nichts für mich, und schon mal gar nicht, wenn Kinder ins Spiel kommen. Darüber könnte ich noch mal so einen Text schreiben, irgendwannmal.

Ich tendiere ja zur nur-Familie-ins-Standesamt-mitnehmen-Lösung, das sind ja auch schon über 20 Leute, wenn es nur um Großeltern, Eltern, Geschwister und deren Kinder geht. Was schickes anziehen, Hochzeit durchziehen, lecker Essen gehen, Feierthema offen lassen, möglichst wenig Stress. Reicht eigentlich. Mehr Feier kann ich mir realistisch betrachtet auch auf mittlere Sicht sowieso nicht leisten, weil ich nicht das Glück habe, dass die Brauteltern die Hochzeit ausrichten. Und wenn man doch mal zu Geld kommt, kann man eine ordentliche Feier immer noch nachholen. Trotzdem schade, die Freunde von der eigenen Hochzeit auszuschließen. Und auch irgendwie schade um meine über Jahre gereiften Ideen für eine Feier nach meinem Geschmack, also schade um die Cheeseburgerpyramide als Buffethöhepunkt. Und schade um den Kitsch, denn ein wenig gezielt dem Kitsch aussetzen ist erfrischend wie ein Eimer Eiswasser nach dem Saunabesuch. Ach alles scheiße…

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