Vorab: Kinderpornographie ist abzulehnen, darüber brauchen wir nicht reden. Worauf ich aber hinaus will, ist der Missbrauch dieser Sache als Türöffner für allerlei unschöne Dinge, als ob Kinderpornographie alleine nicht schon unschön genug wäre…

Es geht hier gerade um die aktuell geplanten Internetfilter, die federführend vom Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Zusammenarbeit mit den Providern erarbeitet werden. Hier habe ich gleich zweierlei schwerwiegende Vorwürfe zu machen:

Zum einen halte ich solche Filter in der Kernsache für 100%ig nutzlos. Mit Kinderpornos im Netz verhält es sich nämlich bereits jetzt so, dass bekannt gewordene anbietende Seiten entweder sofort geschlossen werden, hier funktioniert eine internationale Zusammenarbeit nämlich dem Hörensagen nach ganz hervorragend. Alternativ werden die Zugriffe auf diese Quellen überwacht, um diejenigen zu erwischen, die versuchen, die durch harmlose Inhalte ersetzten Dateien abzurufen. So oder so kommt es nicht nennenswert vor, dass kinderpornographische Angebote der Strafverfolgung bekannt werden aber dennoch abrufbar bleiben. Bei meinen Streifzügen durch das Internet bin ich jedenfalls noch nie über Kinderpornographie gestolpert, wohl aber über eine ganze Menge anderer mitunter ziemlich kranker Sachen. Dass ich da nicht drüber gestolpert bin, sagt zugegeben noch nicht viel aus. Die Frage nach dem Nutzwert von Kinderporno-Filtermaßnahmen darf aber durchaus gestellt werden. Zum filtern braucht man Kenntnis der Angebote, die gefiltert werden sollen. Hat man aber Kenntnis von solchen Angeboten, wird man es besser nicht beim Filtern belassen. Täte man das, würde man das lästige Thema lediglich aus dem eigenen Zuständigkeitsbereich herauskehren, unternähme damit aber nichts gegen die Kinderpornographie an sich. Tolle Wurst, das bringt die Welt nach vorne. Es gibt zudem genug technische Verfahren, diese Sperren auch von Deutschland aus zu umgehen, aber das nur am Rande.

Die Frage ist also, warum man den Aufwand für solche Filter betreiben möchte, wenn sie nutzlos sind. Die Antwort kann nur sein, dass hier das unschöne Thema Kinderpornographie missbraucht wird, um staatliche Zensurmaßnahmen für das Internet mit möglichst geringem Widerstand zu etablieren, nachdem das mit der Nazithematik vor ein paar Jahren nicht so recht geklappt hat. Das mit den Naziseiten war wohl nicht böse genug und außerdem sind Bürgerrechtler heutzutage eher unverdächtig, rechtes Gedankengut fördern zu wollen. Wer sich hingegen jetzt gegen diese Filter/Zensur ausspricht macht sich damit automatisch der Kinderpornographie-Billigung verdächtig. Insofern also gar kein schlechter Schachzug von der Regierung, hat das Innenministerium bei verschiedenen Vorhaben doch gerade mit einigem Gegenwind der Bürger zu kämpfen. Wenn man Kinderpornos vorschiebt, lässt man den Widerstand gegen die Zensur reichlich unsympathisch dastehen. Terrorismus ist auch irgendwie abgenutzt inzwischen. Wenn solche Filtermaßnahmen erst mal installiert sind, ist es nur ein winziger Schritt zur Zensur anderer unliebsamer Inhalte. Der Staat will das Internet kontrollieren und widerspricht damit dem Prinzip, das das Internet gerade zum Meilenstein der Freiheit der Menschheit macht; darüber kann man sich mit Blick auf China durchaus einig sein.

Ich finde es wirklich abstoßend, wie die wichtige Ächtung der Kinderpornographie hier für die Etablierung staatlicher Zensur missbraucht wird, ohne diese aber wirklich nach vorne zu bringen. Staatliche Medienzensur hat in der Geschichte noch nie zu etwas Gutem geführt und ist aus gutem Grund nicht mit einer freiheitlichen Verfassung vereinbar, so viel sollte man eigentlich gelernt haben. Also meine klare Position dazu: Wehret den Anfängen! Keine Internetzensur in Deutschland anfangen und die wirklich wirksamen Maßnahmen gegen Kinderpornographie weiterführen bzw. ausbauen, wo nötig. Filterung… alleine der Name schon.

Thomas Knüwer hat heute schon recht kluge Sachen zu dem Thema gesagt, unbedingt auch da weiter lesen! Schön finde ich seinen Kommentar zum Thema "Kinderpornographie als Einstiegsdroge":

Ihr hartes Vorgehen begründet von der Leyen mit der Behauptung, Pornos seien eine "Einstiegsdroge". Wenn dem so ist, müsste mit der Verbreitung des Internet die Zahl der Kindesmissbräuche gestiegen sein. Oder? Nur: Seit 1997 ist diese Zahl laut Bundeskriminalstatistik gesunken, so rund um ein Fünftel.

Anderes Thema, aber auch mit Kinderpronographie: Bei den Teenagern in den USA ist es angeblich gerade ein Massenphänomen, Nacktbilder von sich per SMS (wohl eher MMS) zu verschicken. Strange, aber nicht ansatzweise so seltsam, wie die Idee, diese Teenager wegen Verbreitung von Kinderpornographie zu bestrafen und sie in die Sexualstraftäter-Kartei, die in einigen Bundesstaaten der USA öffentlich zugänglich ist, einzutragen. Hallo? Gehts noch? Mit der gleichen Logik kann man Teenager auch als Sexualstraftäter (Kindesmissbrauch) verzeichnen, wenn sie nur masturbieren. Da wird ein Gesetz zum Schutze Minderjähriger für das genaue Gegenteil verwandt, schlimmer noch, werden Menschen für das Ausleben ihrer erwachenden Sexualität mit sich selbst und Gleichaltrigen bestraft. Aber in den USA hat sowas ja Tradition, man denke nur an Verbote beispielsweise von Analverkehr. In Deutschland hat sowas mal entartet geheißen, aber das ist glücklicherweise vorbei. Bevor wir uns falsch verstehen: Ich halte es für eine ganz beschissene Idee, wenn Teenager Nacktbilder von sich in Umlauf bringen und ich begrüße es, wenn versucht wird, sie davon abzuhalten. Aber warum zur Hölle bestraft man sie, auch noch derart heftig, statt sie darüber aufzuklären, dass solche Bilder nicht mehr verschwinden werden, sind sie erst einmal in Umlauf gelangt?

P.S. Sehr böse Idee: Als Teenager Nacktfotos von sich machen und an unliebsame Lehrer schicken. Was sollen die dann machen? Offensichtlich haben die sie Nacktfotos minderjähriger Schüler(innen) auf dem Handy/Computer und sind damit im Zweifel in Teufelsküche. Wer glaubt schon einem Lehrer, dass ihm diese Bilder unverlangt zugesendet wurden; selbst wenn er den Mut aufbringt, damit sofort zu einem Vorgesetzten oder zur Polizei zu gehen. Ihr wisst, was ich meine. Huiuiui, das ist ja noch gemeiner, als seinen Nachbarn eine Hausdurchsuchung mit vollem Programm wegen Kinderpornographie durch üble Nachrede zu verschaffen.

P.P.S. Zu meinem Beitrag über den Hausdurchsuchungwahn gibt es ein spannendes Update.

Nachtrag: Laut heise.de formiert sich breiter Widerstand aus verschiedenen Lagern.

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